Flächennutzungsnomenklaturen - Grundlagen

Bedeutung von Flächenbedeckungs- und -nutzungsinformationen

Informationen über die Flächenbedeckung und -nutzung sind Grundinformationen für verschiedenste Anwendungsbereiche. In der Politik sind sie Grundlage für die Entscheidung über Entwicklungsprogramme (z. B. im Rahmen der europäischen Strukturförderprogramme) und die Erfolgskontrolle. In der Landwirtschaft werden die Daten für die Agrarstatistik, die Subventionspolitik und deren Kontrolle sowie die Ausrichtung der künftigen Agrarpolitik benötigt. Die Forstwirtschaft nutzt die Daten insbesondere für die Kontrolle der Bestandsentwicklung und die forstliche Planung. Höchste Bedeutung haben die Daten auch im Umweltschutz und in der räumlichen Planung. Im Umweltschutz, insbesondere im Bodenschutz, sind sie Grundlage für die Zustandsbeurteilung von Natur und Landschaft (z. B. Biotopzustand und -entwicklung, Schutzgebietszustand, Versiegelungserhebung und Landschaftsstrukturbewertungen). Die Planung beruht unmittelbar auf der Flächeninformation und benötigt sie in höchster Aktualität sowohl für die Planerarbeitung als auch für die Umsetzungskontrolle. Nicht zuletzt benötigt die Wirtschaft (z. B. Mobilfunk- und Logistikunternehmen) Flächennutzungsdaten für ihre Dienstleistungen. Die Flächeninformationen werden in unterschiedlicher thematischer Ausrichtung und Differenzierung sowie unterschiedlicher räumlicher Genauigkeit nachgefragt.

Flächenbedeckung versus Flächennutzung

Grundsätzlich ist streng zwischen der Flächenbedeckung und der Flächennutzung zu unterscheiden. Unter Flächenbedeckung (engl. land cover) versteht man die physische Beschreibung des Raums, also die beobachtete (bio-)physische Bedeckung der Erdoberfläche DI GREGORIO & JANSEN (1997). Man unterscheidet im Wesentlichen die biophysischen Kategorien Vegetationsflächen (Bäume, Büsche, Felder, Wiesen), unbewachsene Flächen (auch wenn dies eigentlich bedeutet, dass eine Bedeckung fehlt), harte Oberflächen (Felsen, Gebäude) sowie feuchte Gebiete und Gewässer (Wasserflächen, Feucht-gebiete). Die Flächenbedeckung kann mit unterschiedlichem Abstand zur Erdoberfläche "beobachtet" werden:
- durch Begehung,
- durch Luftbilder oder
-
mittels Satellitensensoren.

Bei der Flächennutzung (engl. land use) erfolgt die Beschreibung in Hinblick auf die funktionale Dimension, also den sozioökonomischen Zweck der Flächennutzung. Die wichtigsten Flächennutzungskategorien sind Wohn-, Industrie- oder Gewerbeflächen, land- oder forstwirtschaftliche Gebiete, Erholungs- oder Schutzgebiete. Die Flächennutzung kann im Gegensatz zur Flächenbedeckung nur teilweise, oft aber gar nicht unmittelbar beobachtet werden. Häufig sind zusätzliche Informationen unerlässlich.

Probleme der Flächenerhebung

Die Erhebung von Flächenbedeckung und -nutzung ist sowohl aufwändig als auch methodisch schwierig. Der Aufwand flächendeckender Erhebungen ergibt sich allein aus der Größe der Fläche (für die Bundesrepublik müssen bei einer mittleren Flächengröße von 10 ha 3,5 Millionen! unregelmäßige Polygone kartiert werden). Aus methodischer Sicht ist die Flächenerhebung mit den folgenden Problemen verbunden:

Diversität der Flächenbedeckungsarten:
Sowohl die biogene als auch die anthropogene Welt zeichnen sich durch eine riesige Arten-, Formen- und Objektvielfalt aus. Das macht die Identifizierung und Einordnung der Flächen zu einer bestimmten Flächenbedeckung oder Flächennutzung aus Fernerkundungsdaten schwierig.
Bedeckungsmischung:
Die Zuordnung einer Flächenbedeckung/-nutzung zu einer bestimmten Klasse hängt stark von den definierten Beobachtungseinheiten ab. So sind sowohl Mehrfachnutzungen (z. B. Tiefgarage mit Grün-flächenüberdeckung) als auch Mischbedeckungen innerhalb einer Flächeneinheit häufig unvermeidbar
(z. B. Bedeckungsmischung in der Klasse "Sport- und Freizeitanlagen" (1.4.2.) von CORINE)
.
Räumliche Abgrenzung:
Oft sind die Übergänge zwischen Bedeckungs- und Nutzungsarten fließend, und damit ist eine eindeutige Abgrenzung nicht möglich. Diese betrifft sowohl die Abgrenzung biogener Flächen (z. B. die Klasse "Wald-Strauch-Übergangsstadien" (3.2.4.) von CORINE) als auch die Nutzung anthropogen überformter Flächen (z. B. Hafenflächen).
Flächenbedeckungsänderungen:
Sich zeitlich schnell ändernde Bedeckungen oder Nutzungen sind vom Beobachtungszeitpunkt abhängig. Die häufige Praxis der Auswertung einer ausschließlich monotemporal vorliegenden Bildinformation führt z. B. bei der Bestimmung von Gezeitenflächen oder Reisfeldern zu Problemen.
Flächennutzungsänderungen:
Flächennutzungsänderungen müssen nicht zwingend mit einer Änderung der Flächenbedeckung verbunden sein. So kann z. B. innerhalb eines Gebäudes eine Wohnnutzung in eine öffentliche Nutzung oder eine Dienstleistungsnutzung übergehen und umgekehrt. Diese fallen aber in vielen Nomenklaturen in unterschiedliche Nutzungsklassen. Hier sind neben Bilddaten zwingend Zusatzdaten erforderlich.
Datenlage:
Die Flächennutzung kann nicht allein aus fernerkundlichem Bildmaterial bestimmt werden. Häufig sind zusätzliche Informationen notwendig. Die Güte der Flächenbestimmung wird direkt durch Umfang, Qualität und Aktualität der Zusatzdaten mitbestimmt. Ob diese überhaupt vorhanden bzw. nutzbar sind, ist regional unterschiedlich.
Divergente Nutzerinteressen:
Die Interessen der Nachfrager nach Flächendaten unterscheiden sich stark nach dem gewünschten Zielmaßstab, dem fachbedingten Interesse an der Nomenklatur der Bedeckungs- und Nutzungsklassen als auch der geplanten Weiterverarbeitung der Daten. Eine europaweite Flächenerhebung bedingt z. B. häufig eine gröbere Nomenklatur als eine ausschließlich regional durchgeführte Flächenerhebung. Fachbedingt hat z. B. der Forstbereich nur ein spezielles Interesse an forstlich genutzten Flächen, die allerdings hinsichtlich der Nomenklatur stark differenziert werden, während alle Nichtforstflächen nicht unterschieden werden. Gleiches gilt hinsichtlich der Landwirtschaft für Agrarflächen und ihre Differenzierung.

CORINE Land Cover (CLC)

CORINE Land Cover ist ein europaweites Vorhaben, dessen Ziel die Bereitstellung einheitlicher und vergleichbarer Flächenbedeckungsdaten für das Gebiet der Europäischen Union (EU) mit dem Themenschwerpunkt Umweltanwendungen ist.

Das auf der Auswertung von Landsat-TM-Satellitenbildern basierende Datenerhebungskonzept auf dem Maßstabsniveau 1 : 100 000 unterscheidet 44 Flächenbedeckungskategorien. Es sieht - bei einer Erfassungsuntergrenze von 25 ha - den Nachweis der konkreten geografischen Lage jeder homogen bedeckten Bodenfläche (Erhebungseinheit) vor. Flächen linienförmiger Ausdehnung (z. B. Gewässerläufe) werden ab einer Breite von 100 m erfasst. In der Ersterhebung in den Jahren 1985-1995 für alle EU- und die PHARE-Länder wurde die visuelle Interpretation auf Basis von Deckfolien auf georeferenzierten und im Blattschnitt der TK100 ausgegebenen Satellitenbilddaten ermittelt.

Mit dem Jahre 2000 wird der CLC-Datensatz fortgeschrieben. Die Fortschreibung erfolgt durch unmittelbare Bildschirmdigitalisierung, was die Lagegenauigkeit wesentlich erhöht und die Kosten senkt. Grundlage ist ein orthorektifiziertes Landsat-TM7-Satellitenbildmosaik von ganz Europa (IMAGE2000) zum Aufnahmejahr 2000 (Snap shot of Europe for year 2000). Aus diesem wird bis Ende 2003 eine Flächenbedeckungskarte (CLC2000) abgeleitet. Nutzungsänderungen > 5 ha zwischen Erst- und Zweitaufnahme werden in einem zusätzlichem GIS-Datensatz (CHANGE) erarbeitet. Ausgehend von dem CLC-Konzept sind nationale Vertiefungen sowohl hinsichtlich des Maßstabes (1 : 50 000, 1 : 25 000) als auch des Klassifikationsschlüssels (weitere Gliederungen unterhalb der 3. Hierarchieebene) möglich.